Louis Debierre
Seit 2006 beschäftige ich mich, sowohl wissenschaftlich wie als Restaurator, intensiver mit dem Orgelbauer Louis Debierre (1842–1920) aus Nantes und insbesondere mit seinen kleineren, transportablen Instrumenten (zunächst «orgue à tuyaux portatif à soufflerie indépendante», ab 1883 «orgue portatif à tuyaux polyphones» genannt). Zwischen 1871 und 1965 wurden insgesamt 417 «orgues portatifs» produziert; knapp 300 davon dürften heute in sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand noch existieren. Etwa 50 Exemplare habe ich selber sehen und untersuchen können, vier davon besitze ich (O. P. 34, 1882; O. P. 43, 1883; O. P. 175, 1898; O. P. 319, 1925).
Debierre war einer der wichtigsten und innovativsten Orgelbauer Frankreichs in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und hat ausnahmslos Instrumente von höchster künstlerischer und technischer Qualität hergestellt. Letzteres gilt überwiegend auch für seine Nachfolger (Georges Gloton, Joseph Beuchet-Debierre père, Joseph Beuchet-Debierre fils). Die Firma mußte 1980 ihren Betrieb einstellen.
2007 publizierte ich einen kürzeren Aufsatz über die «orgues portatifs» von Louis Debierre und seinen Nachfolgern in der Zeitschrift «Musik und Gottesdienst», der im Wesentlichen noch seine Gültigkeit hat. vgl. https://docplayer.org/111979707-L-orgue-portatif-a-tuyaux-polyphones-von-louis-debierre.html
Mustel
2004 verfaßte ich den Artikel Mustel für die zweite Auflage der renommierten Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Nachdem ich dem zuständigen Redakteur das «Gut zum Druck» zur mit ihm gemeinsam erstellten Endfassung erteilt hatte, kürzte die Redaktion den Text ohne mein Wissen um etwa ein Drittel. Die Kürzungen betrafen unter anderem Abschnitte, die ausdrücklich zur Korrektur der sachlich fehlerhaften Artikel Harmonium und Celesta in der zweiten Auflage der MGG gedacht waren. An anderen Stellen führten die Kürzungen dazu, daß der Sinnzusammenhang der Folgesätze mit dem Vorangehenden entfällt. Dieser fehlerhafte Text wurde schließlich gedruckt. Hier die korrekte Version als pdf-Dokument.
Johannes Titz
Johannes Titz (1844–1925) aus Löwenberg in Schlesien baute ab ca. 1903 exklusiv für den Berliner Verleger und Harmoniumhändler Carl Simon qualitativ das Original möglicherweise übertreffende Kopien des Mustel'schen Kunstharmoniums. Die Produktion war sehr gering. Sie betrug anfänglich drei, nach dem Geschäftseintritt von Martin Schlag (1886–1965) im Jahre 1911 etwa zehn Instrumente pro Jahr. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 dürfte sich die Zahl der produzierten Instrumente wieder stark verringert haben. Martin Schlag wurde in die Armee eingezogen und im Krieg schwer verwundet. Johannes Titz wurde im Alter zunehmend schwerhörig und gutes Material, das Titz ursprünglich aus Frankreich bezogen hatte (Zungen von Estève, Paris; Griffe, Leuchter und Registerschilder von Pinet, Paris), dürfte während des Kriegs kaum mehr zu beschaffen gewesen sein. Zwischen Februar 1913 und Februar 1915 wurden nur zwei Instrumente hergestellt. Für die Jahre 1915 bis 1930 ergibt sich aus den Seriennummern ein Durchschnitt von knapp drei pro Jahr produzierten Instrumenten.
Der Komponist Sigfrid Karg-Elert besaß ab Februar 1906 ein Kunstharmonium von Johannes Titz. Dabei handelte es sich um die Nr. 5 (vollständige Serien-Nummer wahrscheinlich 310–5), wie Recherchen im Staatsarchiv Leipzig ergeben haben.
Derzeit sind folgende Instrumente als erhalten bekannt:
- 310–6; handschriftlich datiert und signiert «28. Mai 1905 / Johannes Titz» (im Windkasten) und «Johannes Titz / Löwenberg den 11/3 06» (unter den Baßtasten); Sammlung Mark Richli
- 310–8; Privatsammlung in Deutschland (Bayern); original ohne Leuchter und Griffe
- 310–013; handschriftlich datiert und signiert «Am 5 Nov. 07 / Johannes Titz» (im Windkasten) und «24. Februar 08 / Johannes Titz» (unter den Baßtasten); Sammlung Mark Richli
- 310–015; Harmonium-Museum Liestal, Schweiz
- 310–018; datiert «Mai 1909»; Privatsammlung in Holland
- 310–020; handschriftlich datiert und signiert (mit violettem Buntstift statt dem üblichen Bleistift) «27. Sept. 1909 / Johannes Titz» (unter den Baßtasten); Privatsammlung in Deutschland (Berlin)
- 310–023; Harmonium-Museum Liestal, Schweiz
- 306–028; handschriftlich datiert und signiert «den 21. Juli 1911 / Johannes Titz» (unter den Baßtasten); Privatsammlung in Deutschland (Mannheim)
- 310–31; Privatsammlung in Deutschland (NRW)
- 310–43; handschriftlich datiert und signiert «Löwenberg i/Schl, den 15. Februar 1913 / Johannes Titz» (unter den Baßtasten) ; Privatsammlung in Deutschland (Köln); original ohne Leuchter und Griffe
- 310–045; handschriftlich datiert und signiert «Löwenberg i/Schl/. den 5 Februar 1915 / Johannes Titz» (unter den Baßtasten); Privatsammlung in der Schweiz (Zürich); original ohne Leuchter und Griffe
- 310–046; handschriftlich datiert und signiert «Löwenberg i/Schl/, den 13. Mai 1916 / Johannes Titz» (unter den Baßtasten); Privatsammlung in Deutschland (NRW); original ohne Leuchter und Griffe
- 310–72; spätere Gehäuseform (in Eichenholz ausgeführt); Privatsammlung in Deutschland (NRW)
- 310–88; handschriftlich datiert und signiert «Löwenberg i/Schl den 7. Juni 1930 / Martin Schlag» (unter den Baßtasten); spätere Gehäuseform; Privatsammlung in Ungarn
Informationen über weitere erhalten gebliebene Instrumente von Johannes Titz nehme ich sehr gerne entgegen (ich werde niemanden zum Verkauf zu überreden versuchen). Als Gegenleistung kann ich Hilfe bei der genauen Datierung bieten und allenfalls Hinweise zur korrekten Restaurierung geben.